Kreta - Wiege Europas
Kreta, die fünftgrößte Mittelmeerinsel und größte
Insel Griechenlands, beherrschte mit seiner Lage zwischen Europa,
Asien und Afrika seit dem Altertum den östlichen Mittelmeerraum.
Auf einer Fläche von 8241m² erstreckt sie sich über
eine Länge von gut 200 km und einer Breite zwischen 60 km
und 12 km. Im Osten schlägt das Karpatische Meer an einsame
Strände, das Myrtoische Meer im Westen ist im Winter wild
und kühl, das Kretische Meer im Norden ist vom Meltemi
gekennzeichnet und im Süden schlägt das warme Libysche
Meer auch im Winter ''unentwegte Wasserratten'' in seinen Bann.
|
Kreta - aus dem Weltraum
gesehen |
Geschichte
Bis heute ist unklar, wann die Insel zuerst
besiedelt wurde. Die ältesten Nachweise stammen aus der Zeit
um 5000 bis 6000 v. Chr.. Ob es vor dieser Zeit schon Menschen
auf der Insel gab liegt im Dunkel der Geschichte. Heute wird vermutet,
dass die erste Besiedlungswelle aus Anatolien und Afrika über
die Insel kam. Erste Wohnbauten werden auf die Zeit um 5000 v.Chr.
datiert, zu dieser Zeit begannen die Menschen, einfache Gefäße
und Figuren aus Ton zu formen.
Die Vorpalastzeit
[ 2600 bis 2000 v.Chr.]
Um 2600 v.Chr. setzt eine massive Besiedlung der Insel ein, vermutet
wird, dass die Siedler aus dem kleinasiatischen Raum auf die Insel
kamen. Die Einwanderer sind in ihren künstlerischen und handwerklichen
Fähigkeiten bereits weit entwickelt und vermischen sich mit
der Urbevölkerung. Mit der sogenannten "Vorpalastzeit"
beginnt die minoische Kultur.
Die Kultur und Infrastruktur auf der Insel entwickelt sich explosionsartig.
Mit der Einführung der Töpferscheibe erlernen die Kreter,
kunstvolle Keramik und Gebrauchskeramik herzustellen. Den zweiten
wirtschaftlichen Boom setzt die Entwicklung der Bronzeherstellung
in Gang. Erste Paläste entstehen, sogar zweigeschossige Häuser
werden gebaut. Gleichzeitig entwickelt sich die Insel zum Handelszentrum
des östlichen Mittelmeerraumes. Export und Import florieren.
Die alte Palastzeit
[2000 bis 1700 v.Chr.]
Aus den einfacheren Palästen der Vorpalastzeit entwickeln
sich große Machtzentren Es entstehen die Paläste
von Knossos, Malia, Festos und Kato Zakros. Offenbar fühlten
sich die Minoer sehr sicher, denn keiner der Paläste war
befestigt. Man geht heute davon aus, dass die Minoer zu diesem
Zeitpunkt den gesamten östlichen Mittelmeerraum beherrschten
und somit auf ihrer Heimatinsel keinerlei Gefahren durch kriegerische
Auseinandersetzungen zu befürchten hatten.
Als Ausdruck ihrer Macht bauen die Herrscher der Insel große
Kuppelgräber. Gleichzeitig entwickeln sich außerordentliche
künstlerische Ausdrucksformen. In den Siegeln werden Tiere
abstrahiert, die Fresken der Paläste leben durch ausdrucksstarke
Farben und Sinnlichkeit. Die Linear'A'-Schrift wird entwickelt.
Um 1700 v.Chr. endet die alte Palastzeit jäh. Man vermutet,
dass ein gewaltiges Erdbeben alle Bauten auf einen Schlag zerstörte.
|
Der Palast von Zakros
im Osten Kretas |
Die neue Palastzeit
[1700 bis 1400 v.Chr.]
Auf den Ruinen der alten Paläste bauen die Minoer
neue auf. Größer und prächtiger denn je, mit
mehreren Stockwerken versehen, voller bunter Fresken. Um die
Paläste herum entstehen Städte, Handel und Kultur
blühen erneut auf. Auch in dieser Phase verzichten die
Minoer völlig auf Verteidigungsanlagen, was darauf schließen
lässt, dass das Volk in Frieden und Freiheit Handel trieb
und seine Kultur fortentwickelte.
Wie die alte so dauerte auch die neue Palastzeit nur dreihundert
Jahre, als erneut eine Naturkatastrophe von ungeheuren Ausmaßen
alles zerstörte, was die Menschen auf der Insel aufgebaut
hatten. Über Jahrzenhnte herrschte in Forscherkreisen Uneinigkeit
darüber, was zum Untergang der neueren Palastzeit führte.
Während viele Archäologen darauf beharrten (und zum Teil
immer noch darauf beharren), dass der Ausbruch des Vulkans
auf der Insel Thira (heute Santorin) zur Zerstörung
der Kultur führte, sehen andere den Grund eher in einem
erneuten katastrophalen Erdbeben, das die Paläste dem
Erdboden gleich machte. Neueste geologische Erkenntnisse
stützen allerdings die These, dass der Ausbruch des Vulkans
auf Thira um 1628 v. Chr. stattfand, also mehr als 100 Jahre
vor dem Untergang der minoischen Kultur.
Nachminoische Zeit
Das Chaos auf der Insel machen sich die Mykener zu nutze, sie
besetzen die Insel. Später kommen die Dorer, auf die im
Jahre 67 v.Chr. die Römer folgen. In römischer Zeit
erlebt die Insel noch einmal eine kurze Blüte, danach versinkt
Kreta zunächst im Dunkel der Geschichte. Hirten und Piraten
teilen sich über Jahrhunderte Bergland und Küste.
Byzanz und die Osmanen
Um die Jahrtausendwende 1000 n.Chr. gelingt es Byzanz, die Insel
seinem Herrschaftsbereich einzuverleiben. Kirchen werden gebaut,
Handel und Kultur blühen wieder auf. Doch schon nach 2
Jahrhunderten ist Byzanz am Ende, Kreta fällt an Venedig.
Als die Osmanen um 1500 beginnen, Griechenland zu unterjochen,
fliehen zahlreiche Festlandsgriechen auf die Insel. Um 1645
beginnt der osmanische Sturm auf Kreta und 1715 fällt die
letzte Festung. Kreta ist in der Hand der Türken. In zahllosen
Aufständen und Freiheitskämpfen wehren sich die Kreter
in der Folge gegen das türkische Joch. Kretas Dichter Nikos
Kazantzakis beschreibt dies in seinen Büchern äußerst
eindrucksvoll. Endlich, 1889, wird Kreta autonom und erst 1905
dem Staat Griechenland eingegliedert.
Kreta heute
Die Bewohner der Insel, die über Jahrhunderte gegen alles
Fremde und die Herrschaft fremder Mächte kämpften,
zeigen sich heute wie damals von ihrer 'spitzbübischen'
Seite. Längst sind die Fremden auf der Insel keine Eindringlinge
mehr sondern gern gesehene 'Touristes', die der notorisch armen
Bevölkerung bescheidenen Wohlstand bringen. Und längst
zeigt sich auf Kreta wie anderswo rund um das Mittelmeer, was
die Metastasen der zügellosen Prosperität anrichten.
Ganze Landstriche, vor allem an der Nordküste, werden von
gigantischen Hotelanlagen zerfressen, während im Hinterland
die Zeit stehen zu bleiben scheint. Kreta steht an der Schwelle
zum Massentourismus, der zwar einerseits der Insel den lange
ersehnten Wohlstand bringen mag, auf der anderen Seite hingegen
dafür sorgt, dass das, was die Insel und ihre Bewohner
seit Jahrtausenden prägte, dem Mammon geopfert wird: Eigenständige
Kultur, Wahrung der Tradition und der unerschütterliche
Glaube an die Freiheit.
|
|